Zhang Anzhi schreibt in seinem Buch „A History of Chinese Painting“ im Vorwort, dass die chinesischen Maler schon sehr früh die Wichtigkeit erkannten, eher den Geist der Natur zu verstehen, als sie lediglich zu imitieren...

...Es geht darum, ein Zeichen für die Dinge zu finden und es wird gar nicht erst versucht, eine Pflanze, ein Tier oder eine Landschaft illusionistisch, Bildpunkt für Bildpunkt, quasi als Bitmap, wiederzugeben. Dem botanischen Wachstum der Pflanze wird ein bewegungslogisches „Wachstum“ der Pflanze auf dem Papier zur Seite gestellt. Die Bewegung eines Tieres erhält mit der Malbewegung ein Pendant auf dem Papier. Den Eigenarten einer Landschaft wird mit den Eigenarten des Pinsels begegnet. Ein signifikantes Beispiel ist der Bambus: der gemalte Bambus ist die Spur der Bewegungen, die der Maler im Verständnis für das Wachstum von Bambus auf dem Papier hinterlassen hat. In kurzen, abgehackten Bewegungen mit schräg gehaltenem Pinsel, lässt man den Stamm Ring für Ring aus dem Boden schießen. Mit der Pinselspitze werden die Stiele angesetzt, die sich mit derselben Gesetzmäßigkeit verzweigen, in der der Stamm organisiert ist. Und dann die Blätter: sie sind der reinste Duktus eines Pinsels! Mit etwas Schwung wird das Blatt stumpf begonnen und spitz auslaufen gelassen. Wichtig ist, das der Stamm etwas schräg von unten nach oben durchs Blatt verläuft, etwas gebogen, als Gegengewicht ein zweiter Halm etwas versetzt zum ersten. Das Blattwerk verdichtet sich rhythmisch zu kleineren und größeren Gruppen und bedeckt Teile des Blattes. Ganz bewusst bleiben große Teile des Papiers unbedeckt. Diese Freiräume bilden zusammen mit den bedeckten Flächen ein dialektisches Ornament, das der Zweidimensionalität des Papiers nur zu gerecht wird. Der letzte Eingriff in dieses Gleichgewicht bildet die Beischrift und gegebenenfalls der (rote) Stempel des Künstlers.